Das Netzwerk "Nachhaltigkeit in der Wirtschaft" versteht sich als unabhängige Plattform und hat das Ziel, durch Austausch und Praxisbeispiele nachhaltige Wirtschaft in der Praxis zu fördern und darüber zu einer zukunftsfähigen regionalen Wirtschaft beizutragen. Es wird von Multiplikatoren aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und zivilem Engagement aus Mitteldeutschland getragen. Im Netzwerk gibt es ein Kernteam, das die Workshops koordiniert und Informationen zum Netzwerk und dessen Aktivitäten bereitstellt. Netzwerk Zukunft Sachsen-Anhalt e.V. arbeitet im Kernteam mit.
Eigenversorgung mit Energie war Thema beim Netzwerk Nachhaltigkeit in der Wirtschaft.
Bericht zum 8. Netzwerktreffen
Das Energiethema ist momentan in aller Munde: Die Vermeidung hoher Kosten für die Energieversorgung, die Reduzierung des eigenen CO2-Ausstoßes oder die Nutzung erneuerbarer Energiequellen, das sind aktuell zentrale Anliegen vieler Unternehmen. Aus diesem Anlass organisierte das Kernteam des Netzwerkes „Nachhaltigkeit in der Wirtschaft“ unter dem Titel „Energieerzeugung für den Eigenbedarf in Unternehmen“ das 8. Netzwerktreffen. Etwa 40 Interessierte fanden sich im Lyzeum der Hochschule Anhalt in Dessau ein, um gemeinsam mit Experten aus Wirtschaft, Forschung, Verwaltung und Zivilgesellschaft über dieses wichtige Thema ins Gespräch zu kommen. Zwischen vier Fachvorträgen blieb bei heißen und kalten Getränken Zeit, im Sinne des Netzwerkgedankens Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Nach der Mittagspause in der Mensa fand eine Führung durch das energieeffiziente Gebäude des nahen Umweltbundesamtes statt.
Der erste Vortrag behandelte die Frage, ob Biogas noch eine Energiequelle der Zukunft ist. Dr. Klaus Krüger, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft zur Förderung von Medizin-, Bio- und Umwelttechnologien (GMBU), stellte zunächst die Forschungsaktivitäten im Bereich Biogas vor. Daraufhin wandte er sich der Rolle der Biogasgewinnung für die Energiewende zu. Da Biogas aus nachwachsenden Rohstoffen sowie vergärbaren Abfallstoffen gewonnen werden kann, könnte es nach wie vor ein wichtiger Baustein beim Umstieg auf erneuerbare Energien darstellen. Weil sich das Biogas allerdings auch Kritik ausgesetzt sieht (etwa durch den Anbau von Monokulturen oder einer Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion) rückt die Technologie zunehmend aus dem Fokus politischer Entscheidungsträger, sodass mit einem Rückgang der Produktion zu rechnen ist. Dr. Klaus Krüger zeigte allerdings auf, dass Biogas als vom Wind oder der Sonne unabhängige und leicht speicherbare Energiequelle durchaus zukunftsträchtig sein könnte. Die Verwertung biogener Abfälle aus Biotonnen von Großküchen oder der Lebensmittelindustrie unterstützten gleichzeitig die regionale Kreislaufführung. Auch Pflanzenanbau auf metallkontaminierten Böden (z.B. in Folge von Bergbau) wären für Biogasanlagen denkbar, wodurch die Böden gleichzeitig gereinigt und das Metall zurückgewonnen werden könnte.
Unter dem Titel “Energiegenossenschaften in Bürgerhand – Möglichkeiten für Unternehmen?“ widmete sich Jörg Dahlke, Vorstand der Helionat eG, den Vorteilen einer bürgerbeteiligungsorientierten Energieerzeugung für den Klimaschutz und die regionale Wertschöpfung. Anhand der 2009 in Magdeburg gegründeten Helionat Energiegenossenschaft stellte der Referent das basisdemokratisch organisierte und auf die Förderung der Mitglieder, nicht auf Gewinnmaximierung, ausgerichtete Konzept vor. Dieses sah bisher insbesondere Investitionen in Photovoltaikanlagen vor, doch auch eine Bürgerwindanlage ist in Planung. Hier ist man allerdings genauso auf starke Partner angewiesen, wie im Falle von Bürgersolarparks. Besonders eignen sich Kooperationen mit landwirtschaftlichen Betrieben, wobei Herr Dahlke auf Nachfrage darauf hinwies, dass Photovoltaikanlagen auf Flächen mit niedrigen Bodenwerten errichtet werden und insofern keine Konkurrenz zur landwirtschaftlichen Nutzung darstellen. Zudem bietet es den Betrieben die Möglichkeit, sich zu diversifizieren.
Nach einer Kaffeepause stand die „Energie im Abwasser“ im Fokus. Kristian Dietrich, Geschäftsführer der Gemeinschaftsklärwerk Bitterfeld-Wolfen GmbH, erläuterte den Betriebszweck, eine sichere, fach- und umweltgerechte Behandlung kommunalen und industriellen Abwassers sowie kontaminierten Grundwassers und dessen Einleitung in die Mulde zu gewährleisten. Nach dem die Region um Bitterfeld Ende der 1980er Jahre kurz vor dem Umweltexodus (Stichwort Silbersee) stand (Phase I), fand ein Paradigmenwechsel hin zu „Beseitigung, Entsorgung, Behandlung“ statt (Phase II). Nun sollen in einer Phase III die Potentiale von Abwasser genutzt werden.
Neben Wasser, Energie (zum Beispiel im Klärschlamm gebundenes Biogas) und Wärme sind das unter anderem Kompost und Cellulose, Dünger, Chemikalien, Pharmaka, Bioplastik, Sand Aschen und seltene Erden. Auch ein Biomonitoring wäre denkbar, zum Beispiel über Krankheitserreger oder Drogen. Auch können Kläranlagen als Speicher für Sonnen- und Windenergie dienen. Um diese Potentiale zu nutzen, gibt es allerdings noch eine Reihe an Herausforderungen, besonders im Bereich social-technological planning and design methodology. So fehlten Fachkräfte, die begeistert mitgestalten und umsetzen.
Abschließend informierte Max Werlein, wissenschaftlicher Mitarbeiter vom Fachgebiet V 1.3 „Erneuerbare Energien“ des Umweltbundesamtes über Ziele und Rahmenbedingungen für Unternehmen, die erneuerbare Energien zum Eigenbedarf nutzen wollen. Herausfordernd ist etwa der Konflikt zwischen Bedarfs- oder Erzeugungsorientierung. Zentral beleuchtete der Referent die Frage nach der Etablierung von Erneuerbare-Energie-Gemeinschafen (EnergySharing), wie das in Österreich praktiziert wird. Als Ergebnis der Erörterung kann angesehen werde, dass für Unternehmen die sogenannten Corporate Power Purchase Agreements, das sind langfristige Verträge zwischen dem Eigentümer einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien und einem unternehmerischen Abnehmer über die Lieferung von grünem Strom, am sinnvollsten erscheint. Letztlich entscheidend für eine gesamtstaatliche Energiewende ist allerdings der Netzausbau.
Bei der von Dr. Wolfgang Scheremet, Leiter des Zentralbereichs des Umweltbundesamtes, geleiteten Führung durch die Behörde lag der Fokus auf einer Architektur, die bereits in den 1990er Jahren während der Planung vergleichsweise umwelt- und gesundheitsverträgliche sowie sparsame Konzepte in Bezug auf die Baustoffe, das Design und die Energieversorgung vorgesehen hatte. Dieses Niedrigenergiegebäude (<100 KWh/m2) mit passiver Klimatisierung und Erdwärmetauschanlage, 2005 eröffnet, demonstriert und dokumentiert das Konzept des nachhaltigen Bauens. Die Technologien sind derweil erheblich verbessert worden, so dass für weitere 100 Arbeitsplätze ein Plusenergiegebäude gebaut wurde, welches im Herbst eröffnet werden soll.
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