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We Feed The World

Dokumentarfilm A 2005, 95 min
Regie: Erwin Wagenhofer

Der erfolgreiche und ausgezeichnete Dokumentarfilm WE FEED THE WORLD – ESSEN GLOBAL untersucht die globale Produktion unserer Nahrungsmittel.

Erwin Wagenhofer folgt den Spuren unserer Lebensmittel. Er sucht die Menschen, die diese produzieren an den Orten ihrer Arbeit auf: in den Gewächshauslandschaften von Andalusien, auf den Fischkuttern der Bretagne oder auf dem Chefsessel von Nestlé.

Kritisch betrachtet der Film die Massenproduktion und Industrialisierung in der Landwirtschaft und der Tierhaltung, die Produktionsbedingungen der Menschen vor Ort sowie die ökologischen Folgen für die produzierenden Regionen. Außerdem gibt er auch Antworten auf die Frage, was der Hunger auf der Welt mit uns zu tun hat.

Er stellt einen Zusammenhang her, zwischen unserem Überfluss auf der einen Seite und dem Mangel an den vielen Produktionsorten weltweit auf der anderen Seite.

Die eingespielten Kommentare des UN-Sonderberichterstatters Jean Ziegler erinnern daran, dass Essen auch Politik ist.

Filmkritik:

von Angelika Nguyen

Was haben Geflügelmassenzucht in der Steiermark, eine hungernde Familie im brasilianischen Pernambuco, autonome Fischer in der Bretagne, Brotabfälle in Wien, gentechnisch verändertes Soja in Rumänien, afrikanische Migranten in Paris und verbrannter Mais miteinander zu tun? Sie sind Puzzleteile der filmischen Dokumentation „We Feed The World“ des österreichischen Filmemachers Erwin Wagenhofer. Zusammengesetzt ergeben sie ein Bild der globalen Nahrungsmittelproduktion als Resultat politischer und wirtschaftlicher Machtverhältnisse.

Dabei kommt der Film ohne quälende Tabellen oder verbal ermüdende Abhandlungen aus. Er ist lebendig, mit sinnlich erlebbaren Wirklichkeiten und zuweilen spannend wie ein Thriller. In diesem Thriller aber spielen wir selbst mit.

Roter Faden des Films ist das Interview mit dem leidenschaftlich engagierten Sonderberichterstatter der UNO Jean Ziegler, der uns mit einigen Tatsachen konfrontiert. Weltweit werden so viele Nahrungsmittel produziert, dass sie für 12 Milliarden Menschen reichen würden. Jedes Kind, das alle fünf Sekunden auf der Erde verhungert, sagt Ziegler, ist ein ermordetes Kind. Ziegler kann und muss sich diese Rigorosität in seinem Job leisten und sie ist als Tonfarbe in diesem Film sehr wichtig.

Denn auch Täter wie der Chef vom größten Nahrungsmittelkonzern Nestlé, Peter Brabeck, kommen zu Wort. Er bezeichnet die Forderung des Grundrechts auf Wasser als extreme Position und erntet das Lachen des Publikums. Pioneer-Produktionschef Karl Otrok, der als Saatguthersteller Gentechnik nach Rumänien bringt, bekennt sich dagegen zur Sinnlosigkeit seiner Arbeit: „Erst haben wir den Westen fertig gemacht und jetzt kommen wir nach Rumänien und werden hier die Landwirtschaft kaputtmachen.“ Natürliche Pfl anzen, sagt er lächelnd, schmecken ihm auch besser. Leute wie Brabeck und Otrock zeigen, dass die Absurditäten der globalen Widersprüche in Sachen Essen nicht Zufall sind, sondern System haben und gewollt sind.

Dass ein senegalesischer Bauer irgendwann seinen Hof verlässt, unter Lebensgefahr nach Europa gelangt, um in Paris Straßen zu kehren, so Jean Ziegler, hängt direkt von den EU-Exportsubventionen ab. Weil das EU-Gemüse auf dem Markt in Dakar ein Drittel von dem kostet, was der Bauer braucht, um leben zu können. Daraufhin zeigt der Film minutenlang einen Slum mit afrikanischen Migranten, beobachtet ihre abendlichen Verrichtungen, Musik von einem aus Abfällen gebasteltem Instrument, Haare waschen, verlorenes Lächeln - ein Gefühl der Entwurzelung.

Alarmierend an Wagenhofers Film ist auch der Blick in die Zukunft. Das alles ist nämlich nur der Anfang. Die guten frischen Fische der Kutterfi scher werden verschwinden, dafür wird es nur noch die schlappen Fische aus dem Großfang geben. Gentechnik schleicht sich in Form von Tierfutter durch die Hintertür in die Landwirtschaft. Die teuren EU-Subventionen werden nicht abgeschafft.

„We Feed The World“ ist ein erschreckender, ein aufrüttelnder Film. Kein Fachfi lm nur für Umweltschützer oder Ernährungsexperten, sondern für alle denkenden Menschen.

Nach dem Abspann des Films sind wir auf uns selbst zurück geworfen. Wer kauft denn die verschweißten Treibhaus- Cherrytomaten? Wer blickt in die geplatzten Fischaugen im Supermarkt? Wer isst das Fleisch der Tiere, die vielleicht schon munter mit gentechnisch veränderten Pfl anzen gefüttert werden? Wer schmeißt Essen weg?

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